Der Magas-Kodex war ein geheimer Kodex der Verborgenen. Er wurde heimlich von den Akoluthen herumgereicht. Er wurde nach Magas, einem Mitglied der Ägyptischen Verborgenen, benannt.
Der Kodex wurde um das Jahr 30 v. Chr. geschrieben und ist eine Aufzeichnung der letzten Synode der Verborgenen. Bei dem Treffen in Alexandria führte die Amunet den Vorsitzt. Sie diskutierte mit den Lehrlingen das Kredo der Verborgenen und dessen Ironie. Amunet legte das Kredo der Verborgenen und dessen Grundsätze an diesem Tag offiziell fest.[1] Im 9. Jahrhundert bat Haytham, ein Levantinischer Verborgene, Eivor Varinsdottir, ihm Dokumente aus den verlassenen Bruderschaftshäusern der Britischen Verborgenen zu bringen. [2]
I.[]
An einem typischen Studien- und Ausbildungstag begrüßte Meister Hakor in unserem Bruderschaftshaus in Alexandria als Abwechslung von unserer üblichen Routine eine angespannte Frau Ende fünfzig. Mit stoischem Gesichtsausdruck und federnden Schritten betrat sie den Saal und setzte sich hernach eine ganze Weile schweigend an das Kopfende des Raumes, während Meister Hakor diese unbekannte Person mit vagen Worten vorstellte. Im Laufe seines gesamten Vortrags sah sie ihn kein einziges Mal an, sondern ließ ihre Blicke über die vor ihr sitzenden Lehrlinge schweifen, zu denen auch ich mich zählte.
Als Meister Hakor schließlich zur Seite trat, stand die Frau auf und hob zu einer unverblümten Äußerung an:
Wenn nichts wahr ist“, sagte sie, „muss auch diese Aussage falsch sein."
Die Frau ließ ihre Worte im Raum stehen. Nach einem langen und verblüfften Schweigen wartete ein eifriger Lehrling namens Magas mit einer Antwort auf.
„Das Kredo selbst ist pure Ironie. Es suggeriert, dass die Welt nicht in Wahrheiten und Unwahrheiten, Fakten und Fiktionen eingeteilt werden kann."
„Ja“, antwortete die Frau. „Die Welt besteht einfach. Sie existiert und wir sind nur ein kleiner Teil ihrer Ganzheit."
„Aber zu existieren, bedeutet wahr zu sein, oder? Etwas, das existiert, ist etwas, das wir eine Tatsache nennen."
„Zu existieren bedeutet zu existieren“, konterte die Frau. „Wahrheiten und Fakten sind Wertungen. Taten, keine Gegenstände.“
Magas verstummte, und die Frau fuhr fort:
„Wenn alles erlaubt ist, wer erteilt dann diese Erlaubnis?“
II.[]
Ein weiterer Moment der Stille folgte. Magas öffnete den Mund, atmete ein und schloss ihn wortlos wieder.
„Wir erteilen uns diese Erlaubnis selbst“, sagte die Frau. „Wir sind die Quelle unserer eigenen Bestimmung."
Niemand erwiderte etwas, während die Frau uns der Reihe nach ansah. Sie schien weder zufrieden noch unzufrieden mit unserem Schweigen zu sein. Dann begann sie, langsam durch den Raum zu schreiten. Fast nostalgisch, fast zufrieden sah sie sich in unserer Halle um.
„Dieses Wissen“, fuhr sie schließlich fort, „dieses Verständnis birgt eine ebenso große wie schreckliche Freiheit. Die Freiheit, aus eigener Willenskraft aufzusteigen oder zu fallen, zu leben oder zu sterben. Aus diesem Grund schneidet unser Kredo so sauber wie ein zweischneidiges Schwert. Ihr müsst dieses Paradoxon verinnerlichen. Der Erfolg oder Misserfolg unserer Bruderschaft hängt von eurer Bereitschaft ab, in der gefühllosen Leere dieser Welt zu leben, wie verloren im Tartaros, allein und hoffnungslos, und dennoch die Hoffnung in euch tragend, dass sich eines Tages eine Tür öffnet und das Licht hereinlässt. Und dass ihr diese Tür durchquert, nicht allein, sondern mit all euren Brüdern und Schwestern an eurer Seite.“
Die Frau hielt einen Moment lang inne, während sic über eine verfallene Steinsäule strich. Sic schien eine alte oder halb vergessene Erinnerung im Geiste noch einmal zu erleben. Sie fing sich alsbald wieder, trat von der Säule weg fuhr fort:
„Denn eure Brüder und Schwestern waren die ganze Zeit bei euch, waren die neben euch im Schatten. Ihr wandeltet schweigend in der Dunkelheit, doch wart ihr nie ganze allein.“
III.[]
- Im Bruderschaftshaus Cerestempel im Westen von Glowecæsterscir.
„Aber um das letzte Licht zu sehen, müsst ihr zuvor den Verlust, die Leere, den Schmerz spüren. Und ihr müsst immer in dem Glauben handeln, dass ihr versagt habt, dass ihr wieder versagen werdet, dass ihr stets versagen müsst. Das ist der Pfad der Verborgenen. Besser zu versagen, als ihr zuvor versagt habt. Wir wandeln durch die Dunkelheit, immer auf der Suche nach dem Licht."
Sie hielt inne und holte tief Luft.
„Doch hier muss ich mir selbst widersprechen. Denn obwohl die Beschaffenheit der Realität leer und unerklärlich ist, ist die Beschaffenheit unserer Arbeit es nicht. Und damit diese Bruderschaft erfolgreich sein kann, müssen wir Grundsätze haben, an denen wir unseren Erfolg messen können. Harte, kalte Regeln. Wahrheiten, auf die wir schwören."
Ein leises Murmeln machte sich unter den versammelten Lehrlingen breit, während sie erkannten, was hier gerade geschah. Die endgültige Kodifizierung, die lange nur ein Gerücht war, wurde ausgesprochen. Die Frau fuhr fort, doch nun mit bedeutungsschwangerer Stimme.
„Seit der Zeit der Ptolemäer haben die Verborgenen dazu gedient, die unnatürlichen Fesseln zu brechen, die der Mensch dem Menschen anlegt. Und wir haben das auf eine Weise getan, die mit unserem Kredo übereinstimmt. Doch hat das oft zu Verwirrung und Chaos geführt. Deshalb haben wir drei Grundsätze ersonnen, die durch rigorose Praxis und Anwendung entstanden sind und uns zu größerem Erfolg führen sollen.
Grundsatz eins: Verbergt euch in der Masse, damit euer Erfolg sichtbar wird - schnell und ohne Vorwarnung.
Grundsatz zwei: Gefährdet die Bruderschaft nicht. Handelt und redet stets mit Bedacht, denn nur so können wir uns vor äußeren Einflüssen schützen und die Reinheit unserer Motive sichern."
IV.[]
„Und Grundsatz drei: Haltet eure Klingen vom Fleisch Unschuldiger fern. Nur jene mit reger Bosheit im Herzen brauchen eine Antwort auf ihre Grausamkeit. Die unfreiwilligen Handlanger des Bösen und die Zuschauer, gefangen in ihrem Gefolge, verdienen nicht die Härte unseres Stahls.“
„Das ist der Erlass der Verborgenen. Drei Grundsätze, zusammen mit dem Kredo, die unseren Pfad in die Zukunft definieren. Nur sie und nichts anderes. Uns selbst Weiteres aufzubürden, würde unsere Entschlossenheit nur verwässern.“
Nun ergriff Magas erneut das Wort, diesmal voller Inbrunst: „Doch wenn nichts wahr ist, wie können wir dann eine solche Einschränkung rechtfertigen? Sollten wir nicht frei sein, unser Ziel zu verfolgen, auf welche Art und Weise wir es für richtig halten?“
„Empfindest du das als eine fatale Ironie?“, fragte die Frau.
„Ich stelle lediglich den Widerspruch infrage", erwiderte Magas. „Von welcher Autorität leiten sich diese Grundsätze ab?“
„Wir sind die Verborgenen - ein Titel, den wir uns selbst gaben. So wie wir uns selbst ein Ziel setzten: die physische und spirituelle Befreiung des Menschen. Das alles sind von uns selbst aufgestellte Ambitionen. Um sie zu erreichen, haben wir Gesetze, die uns leiten. Es liegt keine Magie in diesen Worten, kein Appell an eine höhere Autorität. Wir folgen ihnen nur, weil sie uns helfen, das zu erreichen, was wir selbst definiert haben. Diese Gesetze erlauben uns, fortzubestehen. Die Wirksamkeit jedes Grundsatzes muss nach dem Ergebnis seiner Praxis beurteilt werden."
Die Frau schwieg eine Weile, dann schaute sie zu Meister Hakor und schließlich wieder zu uns.
„So soll es sein und schriftlich festgehalten werden: Dies sind die Schlussfolgerungen der letzten Synode der Verborgenen. Es wird keine weitere geben. Heute fällt der Schatten, jetzt und für alle Zeiten, um uns auf ewig zu verbergen. Lasst uns unsere Arbeit nur in der Dunkelheit fortführen.“
V.[]
„Arbeitet von diesem Tag an in Stille. Sprecht weder eure Namen aus, noch die Namen eurer Familie oder Freunde. Denn sonst wäre es ein tödlicher Kompromiss und eine nutzlose Geste. Trachtet nicht nach Anerkennung oder nach Ruhm oder nach Entschädigung für eure Pflicht. Sucht nur das Licht, wie schwach es auch am Horizont schwach es auch am Horizont aufflackern mag."
Die Frau hielt inne und lächelte kaum merklich. Zum ersten Mal seit ihrer Ankunft wirkte sie zufrieden.
„Wir sind die Verborgenen, wir alle, auf ewig vereint in unserer Einsamkeit. Möge es immerdar so sein."
Sie nickte kurz, drehte sich um und ging lautlos auf den Ausgang hinten in der Halle zu. Der Raum blieb eine Zeit lang still, bis Meister Hakor das Schweigen brach, indem er uns zu unseren Nachmittagsstudien drängte. Euklid war das Thema jenes Tages und inmitten raschelnder Schriftrollen machten sich die Lehrlinge an die Arbeit.
Einige Stunden später fand ich mich im Garten vor dem Grab von König Alexander wieder, aß Datteln und sinnierte über die Lektionen des Tages und über die Frau, die uns so viel zum Nachdenken gegeben hatte. Ich war so tief in Gedanken versunken, dass ich Magas nicht bemerkte, der mich mit einer Berührung an der Schulter aufschreckte.
„Ein aufregender Tag, nicht wahr?", sagte er aufgekratzt. „Von einem derartigen Gast beehrt zu werden."
VI.[]
Magas deutete meinen fragenden Blick fehl und wedelte mit den Händen.
„Ich weiß, ich weiß“, sagte er. „Ruhm und Anerkennung sind verpönt. Unsere Anonymität ist unsere Waffe. Aber erlaube mir diesen einen Moment der Fröhlichkeit. Denn eine unserer Gründerinnen zu treffen, jene Frau, die die Herrschaft der Ptolemäer beendet hat, so eine Gelegenheit werden wir nie wieder haben.“
„Eine Gründerin“, wiederholte ich, „der Verborgenen? Sie?"
„Oh ja“, erwiderte Magas. „Ihr wahrer Name ist für die Lebenden verloren, wie auch die Namen aller ersten Verborgenen. Ein Zeugnis ihrer Hingabe, nehme ich an! Aber eine Frau, die von der Geschichte so geprägt und gezeichnet ist, kann in ihrer eigenen Zeit nicht unsichtbar leben. Sie hat das Blut Caesars gesehen, die Tränen von Kleopatra und den Zorn von Kaiser Augustus!"
Magas kam mir so nahe, dass nur ich ihn inmitten der summenden Bienen und umherfliegenden Schmetterlinge hören konnte.
„Sie würde mich dafür töten, dass ich ihren Namen ausspreche, dennoch werde ich ihn sagen! Amunet nannten sie sich vor ewigen Zeiten. Und heute lebte sie einen Moment lang nicht in der Erinnerung, sondern in Fleisch und Blut. Was den Rest betrifft, sie sind fort. Und dankbar dafür, denke ich."
Trivia[]
- Das Kredo der Verborgenen hat die gleichen Grundsätze wie das der Assassinen. Die Grundsätze sind im Kredo der Assassinen jedoch in anderer Reihenfolge genannt. Sie nennen zu erst den Schutz der Unschuldigen, dann das Verstecken in der Masse und zum Schluss den Schutz der Bruderschaft.
- Mit sehr ähnlichem Wortlaut wie Magas stellt auch Edward Kenway das Kredo in Frage.[3]
Quellen[]
- ↑ Assassin’s Creed Valhalla - Eine kurze Geschichte der Verborgenen
- ↑ Assassin’s Creed Valhalla - Dem Licht zu dienen
- ↑ Assassin’s Creed IV: Black Flag - Alles ist Erlaubt...